Positiv oder negativ, kurz- oder langfristig – wie den Corona-Effekt treffsicher bewerten?
maconda-News Januar 2021
Hohes zweistelliges Umsatzwachstum auf der einen Seite, schmerzhafte Verluste auf der anderen. Corona hat in manchen Branchen die Nachfrage stark befeuert, in anderen wiederum ist sie komplett zum Erliegen gekommen. Wer sind die Gewinner und Verlierer und warum? Wie nachhaltig fallen die Corona-Effekte aus? Und wie lässt sich das im Rahmen einer Commercial Due Diligence treffsicher ermitteln? maconda teilt die Erfahrungen der letzten Monate und gibt Einblicke in die besonderen Herausforderungen und Analyseaspekte, die in Corona-Zeiten an Bedeutung gewinnen.
Betrachtet man bei den Unternehmen, mit denen maconda 2020 zu tun hatte, rein die Zahlen dieses Geschäftsjahres in Relation zum Vorjahr, dann lassen sich schnell und unkompliziert die aktuellen Gewinner und Verlierer der Corona-Krise ermitteln. Hoch attraktiven Wachstumsraten stehen mitunter schwere Einbußen gegenüber. Doch das Bild, das diese rein zahlenbezogene Betrachtung zeigt, ist lediglich eine Momentaufnahme. Der Versuch, aus der historischen Geschäftsentwicklung Rückschlüsse auf die zukünftige zu ziehen, war selten so ungeeignet wie aktuell und läuft schnell ins Leere.
Um umfassend bewerten zu können, welche Branche nur kurzfristig einen Boom oder Einbruch erlebt und welche eher langfristig betroffen ist, muss der Momentaufnahme die Dimension der Nachhaltigkeit des „Corona-Effektes“ hinzugefügt werden. Unternehmen, die auf den ersten Blick verheißungsvoll erscheinen, verlieren an Attraktivität und vice versa. Offen gestanden: diese Unterschiede herauszuarbeiten, ist die originäre Arbeit eines professionellen Anbieters von Commercial Due Diligences. Aber dennoch scheint aktuell zu gelten: selten war die sorgfältige strategische Prüfung bei einem Unternehmenskauf so wichtig wie unter den aktuellen unsicheren Umständen.
Kurzfristige Hochs von langfristigen Entwicklungen unterscheiden
maconda hat sich in den letzten Monaten primär mit Corona-Gewinnern auseinandergesetzt. Dies ist nicht ganz überraschend, da externer Aufwind ganz gerne für M&A-Prozesse genutzt wird – schließlich werden hier die KPIs und damit letztlich Bewertung in die Höhe getrieben. Ebenso wenig überrascht es aber auch, dass solche Corona-Gewinner den externen Effekt zwar (meist) grundsätzlich anerkennen, aber gerne dessen Stärke herunterspielen. Man hat das Wachstum natürlich nicht Corona zu verdanken und das 2020 erzielte Performance-Plus ist nachhaltig, selbstredend.
Zentral bei fast jeder Prüfung war die Frage: wie viel des starken Wachstums ist auf das Unternehmen selbst und wie viel auf Corona zurückzuführen? Und: wie nachhaltig ist der Anstieg von Umsatz und Marge?
Gartenhäuser und Produkte für kleinere Verschönerungsarbeiten (Wandfarbe, Tapete, Einrichtungsgegenstände) sind für uns Beispiele für eher kurzfristige Corona-Gewinner. Aufgrund der vermehrten Zeit, die im Haus und Garten verbracht wurde, gab es hier einen massiven Nachfrageanstieg. Dies sind aber zu einem Großteil Vorzieheffekte: Gartenbesitzer, die sich dieses Jahr ein Gartenhaus gekauft haben, kaufen sich in den nächsten 15 Jahren eher kein neues oder gar zweites, die Zahl der Grundstücke mit Garten ist konstant. Die Renovierungszyklen bei kleineren Verschönerungsarbeiten im privaten Bereich betragen um die sechs Jahre. Durch die hohen Bestellungen 2020 fehlt die entsprechende Nachfrage im Jahr 2021 und den Folgejahren.
Fahrräder und Bio-Lebensmittel hingegen gehören zu den nachhaltigen Corona-Gewinnern. Zwar gab es auch bei Fahrrädern, vor allem im stark wachsenden Segment E-Bikes, Vorzieheffekte. Primär wurden in den genannten Branchen aber bereits bestehende grundsätzliche Markttreiber verstärkt. Die Meidung des ÖPNV sowie vermehrte Anzahl an Inlandsurlauben beschleunigte die Wiederentdeckung des Fahrrads als ernsthafte Alternative zum Auto, unterstützt durch die Megatrends Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein. Und wer mal mit seinem neuen E-Bike ins Büro gefahren ist, jenseits von vollen Straßenbahnen, stellt dies auch nach Corona nicht komplett ab, sondern kauft sich nach drei Jahren ein neues, teureres E-Bike und inspiriert mit den Fahrten durch die Stadt auch andere.
Und die Bio-Lebensmittel? Die bereits hohe Nachfrage nach Nahrung in Bio-Qualität im Einzelhandel und das veränderte Konsumentenverhalten hin zu nachhaltiger Ernährung wurden durch die Schließung der Gastronomie und das vermehrte Kochen im eigenen zu Hause weiter beschleunigt. All dies wird auch mittelfristig zu Wachstumsraten über dem Vor-Corona-Niveau führen.
Besondere Herausforderungen für die Analyse:
- Ungewisse zukünftige Pandemie- und Geschäftsentwicklung, Unsicherheit generell
- Performance während der Corona-Krise sowie Current Trading sind nicht vergleichbar / verlässlich / aussagefähig, keine Vergleichswerte
- Prüfen der wahren Gründe für einen Performance-Rückgang: Corona-bedingte negative Einflüsse vs. bereits vor Corona bestehende Schwierigkeiten
- Hinfällige Businessplanung und unsichere Prognose
- Schwieriger direkter Vergleich mit Peers, vor allem in Nischenbranchen mit dünner oder fehlender aktueller Zahlenbasis
- Mehr hypothesen- und weniger datengestütztes Arbeiten
- Faktische Nutzlosigkeit von Studien und Erhebungen, die vor Corona, in einer „linearen Welt“ durchgeführt wurden
- Bedarf an wirklich guten Interviews, wo die Gesprächspartner nicht nur erzählen, was sie selber gerade in der Fachmedien gelesen haben – Qualität vor Quantität
- Eingeschränkter Zugang zum Management durch mehr Telefon-/Videokonferenzen statt persönlicher Treffen
Das notwendige Werkzeug eines CDD-Beraters in Corona-Zeiten
Die Herausforderungen für die Analyse, die Corona mit sich bringt, sind vielfältig, aber zu bewältigen.
Wie geht man also als CDD-Berater mit den vielen Unsicherheitsfaktoren um? Die geringe Verlässlichkeit aktueller Performance-Zahlen macht das Rechnen von Szenarien notwendig – wenn der Businessplan validiert und die Entwicklung des relevanten Markts abgeschätzt wird. Um den Corona-Effekt zu normalisieren, sollte auch der optimale Aufsatzpunkt für die prognostizierte zukünftige Entwicklung gefunden werden. In CDDs gerne „große“ Studien zitieren? Wenn man ehrlich ist, geht das nicht mehr. Die Prognoserelevanz ist jedenfalls stark eingeschränkt.
In vielen Fällen, vor allem in Nischenmärkten, bleibt jedoch die rein datengestützte Analyse schwierig und umso wichtiger werden Hypothesen, die sich aus einem breiten Market Sounding speisen. Ob strukturierte Befragungen von Konsumenten und Kunden oder explorative Gespräche mit Branchen-Insidern, Verbänden oder Wettbewerbern – Interviews mit diversen Marktteilnehmern dienen dann als zentrale Informationsquelle und wichtige Basis der Einschätzung.
Die Erfahrung der letzten Monate zeigt, dass einige Branchen von der Krise profitieren, und zwar nicht nur durch einen einmaligen Hochlauf. Die Nachhaltigkeit lässt sich durchaus ermitteln, auch ohne die berühmte Glaskugel. Die Analysekriterien werden strenger und die Sichtweisen kritischer, von Investoren und Finanzierern. Der Stellenwert der Commercial-Prüfung steigt und eine CDD wird notwendig, wo vor Corona vielleicht keine verlangt wurde.
Seit mehr als 20 Jahren begleitet maconda die Übernahme, Weiterentwicklung und Restrukturierung von Unternehmen. Wir unterstützen unsere Mandanten zudem strategisch wie operativ bei der Digitalisierung ihrer Wertschöpfung, ihrer Produkte, ihrer Prozesse sowie des kompletten Geschäftsmodells, jenseits von Einzelaktionen und Buzz-Words. Wir haben über 800 Beratungs- und Umsetzungsprojekte durchgeführt, darunter mehr als 450 transaktionsbezogene Mandate. Zu unseren Kunden gehören primär mittelständische Unternehmen sowie internationale Private EquityInvestoren und Family Offices.
Wir sind einer der erfahrensten Commercial Due Diligence-Berater im deutschsprachigen Raum. Dies schafft eine Basis für eine ebenso schnelle wie präzise Einschätzung von Chancen und Risiken – bei CDD-Prüfungen wie auch bei (anschließenden) Wertsteigerungsprojekten.
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